ChatGPT wird 1.
Als am 30. November 2022 der Chatbot rauskam, hob die dahinterstehende Company OpenAI für Schreiberlinge wie mich gleich einmal die Welt aus den Angeln. Künstliche Intelligenz – zuvor nicht mehr ein schwammiges Buzzword – war plötzlich etwas ganz Reales, etwas praktisch Anwendbares. Das war groß. Und ist es noch.
ChatGPT hat mich gleich gehabt. Seither gibt’s kaum einen Arbeitstag, an dem das KI-Tool bei mir nicht zum Einsatz kommt. Ich hab über die Wochen und Monate gelernt, mit dem Ding so zu kommunizieren, dass es Outputs liefert, die ich haben will oder brauchen kann.
Rasch war ich für meinen Arbeitgeber die Kollegin, die die anderen im Umgang mit ChatGPT schulte. Bald auch Kunden und Kooperationspartner. Und ich bin natürlich auch oft (sehr oft) gestolpert über die berüchtigten Halluzinationen, endlose Maschinenmonologe und tausend andere Missverständnisse zwischen Mensch und KI.
Ein Jahr intensive Auseinandersetzung mit ChatGPT also. Das war sehr cool und manchmal sehr mühsam. Hier sechs persönliche Learnings zum Einjährigen. Geschrieben ganz ohne Maschine, ausnahmsweise.
1. ChatGPT denkt, der Mensch lenkt
Die KI ist super, aber ohne menschlichen Supervisor zu nichts zu gebrauchen. Heißt: Wer mit ChatGPT sinnvoll arbeiten will, muss strukturiert denken und Text- oder Konzept-Aufgaben klar definieren können. Der Mensch vorm Computer muss exakt wissen, wohin er will und wie er mithilfe der Maschine dorthin kommen kann.
Prompts auswendig zu lernen kann anfangs helfen, auf lange Sicht hilft nur die dauerhafte Auseinandersetzung mit ChatGPT. Denn: Die KI ist sehr effektiv und effizient im Abarbeiten. Aber das big picture muss man immer noch selber haben – und mit Prompts nachvollziehbar vermitteln können.
2. ChatGPT ist ein Dampfplauderer
Das Blaue vom Himmel ist eine Untertreibung, wenn ChatGPT erst mal in Fahrt ist. Und so überzeugend, wie der Chatbot seine fragwürdigen Gschichtln druckt, fällt man anfangs leicht drauf rein. Erst auf mehrmaliges kritisches Nachfragen kommen dann Entschuldigungen für Hoppalas, Verwechslungen, Irrungen und Wirrungen.
Long story short: Diese Maschine kann gut und schnell formulieren, Inhalte zusammenfassen, Sachverhalte gliedern, Texte überarbeiten etc. Aber sie ist betreffend Allgemeinwissen nicht die hellste Kerze auf der Torte. Also: Never ever Fakten abfragen! ChatGPT ist vieles, aber sicher keine Suchmaschine mit verlässlicher Wissensdatenbank.
3. ChatGPT kennt kein Nein
Das haben Mensch und KI gemein: Ihr Denkaparillo ist blind und taub für Verneinungen in Bildern. Berühmtestes Beispiel: Denken Sie NICHT an einen rosa Elefanten.
Ähnlich geht’s der Maschine. Ein Prompt a la „Schreib das, aber NICHT dieses oder jenes“ geht verlässlich und regelmäßig in die Hose. Da stellt sie auf Durchzug. Das Einzige, was hilft: Umformulieren und genau benennen, wie man es haben will. (Womit wir wieder bei Punkt 1 wären)
4. ChatGPT ist eine SEO-Kanone
Texte auf die Suchmaschine hin zu optimieren, war niemals einfacher als mit ChatGPT. Wer so wie ich seine Texte meist mit SEO-Gütesiegel abliefern muss, kommt nicht um eine Kooperation mit KI herum. Und man lernt vice versa natürlich viel aus den neuen, überarbeiteten Versionen, die sie dann ausspuckt. Das macht Sinn, so verbessert der Mensch dank KI seine Skills. Nix einzuwenden dagegen.
5. ChatGPT ist ein williger Schreibsklave
Die Rolle, die meine Arbeit- und Auftraggeber mir übertragen, delegiere ich jetzt einfach: die des braven, willigen Schreibsklaven. Strike!
Diese Erfahrung ist für mich völlig neu und irre angenehm. Wann immer eine knifflige, mühsame, langweilige und im Vergleich zum Output zeitraubende Textierungsaufgabe reinkommt, werfe ich ChatGPT an, bis er glüht. Allerdings – die Edelfeder-Texte für Reportagen und andere persönliche Texte, die schreibe ich zu 100 % selbst. Ist ja keine Arbeit, sondern Spaß. Denn gönn ich mir immer noch.
6. Chat GPT ist (m)ein Arbeitsturbo
Für mich das ultimative Argument pro KI-Einsatz: Ich kann nur ahnen, wie viele Stunden wertvoller Lebenszeit ich durch den Einsatz von ChatGPT im letzten Jahr zurückgewonnen habe. Und wie viel Kraft und Kreativität ich zugleich für andere, mir wesentlich wichtigere Aufgaben und Interessen, sparen konnte.
ChatGPT hilft mir, die immergleichen und öden Parts meiner Arbeit schnell hinter mich zu bringen, damit ich mich rasch wieder das machen kann, was ich viel lustiger und inspirierender finde: Neue Ideen entwickeln und verfolgen.
Fazit
Viel gelernt also in einem Jahr mit ChatGPT.
Strukturiertes Denken, kritisches Hinterfragen, das ist auch in der Arbeit mit Künstlicher Intelligenz wesentlich. Außerdem muss man sich aneignen, punktgenau und positiv zu formulieren, da ChatGPT schwammige Angaben oder Verneinungen schlicht nicht versteht. Als deppensicheres SEO-Tool ist die KI unschlagbar, und sie gibt bereitwillig den effizienten Schreibsklaven für mühsame Textaufgaben, der ich selbst nicht (mehr) sein will.
Summa summarum: Ein blitzschneller, technischer Assistent, der mir mehr Zeit und Raum verschafft für den lustigen, kreativen Teil meiner täglichen Aufgaben. Das ist für mich ein Wahnsinns-Fortschritt, der mithilfe von ChatGPT möglich wurde.
Find ich klass‘. Happy Birthday!