So bequem Texterstellung mit Künstlicher Intelligenz auch ist, so fad sind leider die Ergüsse der Maschine. Wer die KI schreiben lässt, der muss sich mit stromlinienförmigen, politisch überkorrekten und halt auch urlangweiligen Formulierungen zufrieden geben. Und zwar so akkurat komponiert, dass einem beim Lesen augenblicklich die Füße einschlafen. Einzige Alternative: Man feilt am KI-Text weiter, bis er lebendiger klingt. Dann hat sich die Zeitersparnis durch Maschineneinsatz aber erübrigt.
Dabei gab’s schon lange vor Chat GPT und Konsorten mehr als genug sterile Texte auf dieser Welt!
Das Gegenstück sind Texte, die nach Mensch klingen. Wenn man das Gefühl hat, da drückt sich schreibend ein lebendiges Wesen aus, dann bleibt man als LeserIn länger oder kommt gerne wieder mal vorbei. Wär das nicht der Sinn und Zweck jedes Schriftstücks? Gelesen zu werden?
Bock auf Ecken & Kanten
Ich bin ein Riesenfan von authentischen Texten – abseits von all den Labortexten, Klugscheißer-Kommentaren, abgehobenen Rezensionen. Und besagten Sehrbrav-KI-Texten. Stilistisch sind die derweil einmal kein großer Schritt für die Menschheit.
Authentisch zu schreiben ist freilich ein schmaler Grad. Denn wer als Mensch mit Ecken und Kanten durch seine Texte scheint, bringt halt auch oft sein Rezept fürs Leben mit und drückt es der LeserIn gnadenlos aufs Auge. Das gehört gut ausbalanciert – also immer wieder mal eine ganze Menge redigiert.
Nevertheless: Ein authentischer Text hat magnetische Kraft, wenn der Mensch, der da durchblitzt, ein grundsätzlich sympathischer (oder zumindest kein totaler Arschloch-) Charakter ist. Deshalb plädiere ich laut für mehr Authentizität und persönliche Zugänge im Text.
Texttools für mehr Authentizität
Mein eigener Weg, die herzustellen, verläuft zwar wild mäandernd, aber meistens entlang folgender Kreuzungspunkte.
- Humor hilft
Damit ist nicht der beißende Sarkasmus bis hin zum offenen Zynismus gemeint, der in journalistischen und oft auch in literarischen Texten leider zum vermeintlich guten Ton gehört.
Ich finde: Humor in seiner unschuldigsten und zugleich klügsten Form ist immer noch die Selbstironie. Das Sich-selbst-weniger-ernst-Nehmen als andere es vermuten. Ist schmerzfrei für alle Beteiligten und zudem ein Wesenszug, der an und für sich angenehm ist, weil er jedes Ego erfolgreich im Zaum hält. Auch, wenn es sich schriftlich versucht, auszudrücken. - Emotionen erlaubt
Jeder flucht einmal, wenn er sich ärgert oder wieder mal eine böse Überraschung erlebt. Jeder sagt mal „YES!“, wenn etwas gelingt.
Wieso tun AutorInnen meistens so, als hätten sie einen Stock im Hintern? Es muss ja keine extreme Gossen-Sprache sein, auf die man dabei zurückgreift, aber ein beherztes oder „Verdammt!“ oder „Geil!“ finde ich nicht schlimm, sondern glaubwürdig und schlicht zutreffend für manche Situationen, die man beschreibt. Wir sind ja alles Menschen hier, oder nicht? - Schreib’s, wie du’s sagen würdest
Ich hatte teils Auftraggeber, die rümpften die Nase, sobald ich auch nur ansatzweise umgangssprachlich wurde. Verstehe ich bis heute nicht.
Eine Story, die geschrieben ist, als würde jemand sie beim Mittagessen erzählen, wirkt unmittelbarer, lebendiger. Auf jeden Fall aber fühlt man sich als Leser näher dran am Geschehen. Im Vergleich dazu ist gestelzte und geschliffene Schriftsprache mit Subjekt-Verb-Objekt-Fetischismus eine unsichtbare Barriere, die sich vor die Geschichte stellt. Irgendwie wirkt das Erzählte dann wie hinter Glas. Keine gute Methode, wenn man für Leser und Leserinnen schreiben will, wenn ihr mich fragt. - Den eigenen Style erkennen – und pflegen
Und weil wir gerade beim mündlicher Sprache waren: Jeder spricht ja anders. Junge Leute werfen munter mit englischem Slang-Vokabular um sich, Ältere stehen oft auf alte, mundartliche Varianten, manche Menschen sprechen nur in Halbsätzen, andere stellen jedem Satz ein „Oida“ nach.
Man muss in der Schriftsprache ja nix davon bis zum Exzess betreiben, aber diese Formulierungsgewohnheiten zu erkennen und beim Schreiben da und dort eine entsprechende Duftmarke zu setzen, kann einem Text sehr gut tun. Es hält oder holt ihn auf den Boden (wo er meiner Meinung nach hingehört). - Tschüss, Intellektuellensprech
Wir sind ja alle verbildet von Schule, Uni und Co. Bei der Gelegenheit gleich mal Asche auf mein Haupt: Ich entdecke auch in meinen Texten immer wieder Begriffe, die ach so supergscheit klingen, die ich aber außerhalb des Schreibens nie verwenden würde. Mittlerweile kann ich solche Wort-Panzer ganz gut aufspüren in meinen Texten. Und dann: Online-Synonym-Wörterbuch auf und eine normalere Wortvariante ausgesucht. Kostet ein paar Sekunden, hat aber richtig guten Einfluss auf den Text, der ja mit meiner Stimme sprechen soll.
Fazit
Und weil ich nichts mühsamer finde, als den Inhalt eines Blogbeitrags am Ende nochmal zu einem suchmaschinengerechten Fazit zusammenzudampfen, hier die Version, die mir Chat GPT soeben angeboten hat:
„Insgesamt lässt sich sagen, dass Authentizität im Text von großer Bedeutung ist, um die LeserInnen anzusprechen. Humor, Emotionen, eine natürliche Schreibweise und das Vermeiden von intellektuellem Sprachgebrauch tragen dazu bei, eine echte menschliche Stimme zu vermitteln. Indem man den eigenen Stil erkennt und pflegt, kann man den Text noch ansprechender gestalten. Authentizität im Text ist der Schlüssel, um LeserInnen zu fesseln und sie immer wieder zurückkommen zu lassen.“
Aha.
Ich glaub, ich kann meine Beine nicht mehr spüren…